Arm-Fähigkeits-Training, AFT®

für Patient*innen mit leichtgradiger Armlähmung

Für wen ist das Arm-Fähigkeits-Training sinnvoll?
Armlähmungen zählen zu den häufigen Folgen eines Schlaganfalles oder eines Schädel-Hirn-Traumas. Auch bei Patient*innen, die spontan eine gute Erholung der Armfunktion zeigen, verbleiben behandlungsbedürftige Restdefizite der Bewegungskontrolle. Für diese Patient*innengruppe mit eher leichtgradigen Armlähmungen wurde das Arm-Fähigkeits-Training entwickelt und in klinischen Studien auf Wirksamkeit geprüft.
Auch wenn Patient*innen wieder eine gute Kraftentwicklung im betroffenen Arm erreicht haben und viele Aufgaben im Alltag bewältigen, so bleibt aber dennoch ihre motorische Leistungsfähigkeit eingeschränkt.
Wie in Voruntersuchungen nachgewiesen werden konnte, ist die Effizienz der Armbewegungskontrolle noch reduziert. D.h., diese Patient*innen sind bei Armbewegungen noch weniger präzise und brauchen mehr Zeit für Bewegungen. Diese Defizite der Effizienz der Bewegungskontrolle betreffen verschiedene "motorische Fähigkeiten". Auch bei gutem klinischem Verlauf bleibt oftmals die Geschwindigkeit für Fingerbewegungen und die Zielbewegungsfähigkeit des Armes noch reduziert, ebenso die Fähigkeit, den Arm ruhig zu halten, die Fähigkeit, kleinere Gegenstände geschickt zu hantieren, oder die Fähigkeit, den Arm langsam präzise zu bewegen.
Dadurch, dass diese (Grund-)Fähigkeiten der Armkontrolle noch beeinträchtigt sind, ist die "Bewegungskompetenz" des Armes bei verschiedenen Aufgaben des Alltags insgesamt noch gemindert. Da diese Patient*innengruppe in der Regel in ihren bisher gewohnten Alltag und auch in ihren Berufsalltag zurückkehrt, resultieren aus diesen klinisch eher als leichtgradig eingeschätzten Beeinträchtigungen daher oftmals relevante Behinderungen. Entsprechend besteht die Notwendigkeit für eine spezifische Behandlungsform.
Was ist das Arm-Fähigkeits-Training?
Das von Dr. Platz entwickelte Arm-Fähigkeits-Training stellt für Patient*innen mit leicht- bis mittelgradigen Armlähmungen einen spezifischen Therapieansatz dar. Einerseits beübt es spezifisch diese verschiedenen, in ihrer Leistung noch reduzierten motorischen Fähigkeiten wie die Fähigkeit, schnelle Wechselbewegungen mit den Fingern auszuführen, die Zielbewegungsfähigkeit, die Fähigkeit der Handruhe, die Geschicklichkeit bei der Manipulation von Gegenständen sowie die Fähigkeit, den Arm präzise zu führen. D.h., die noch gestörte Bewegungskontrolle wird inhaltlich umfassend und alltagsrelevant trainiert. Andererseits wird das Leistungsvermögen gezielt gefördert, also die Präzision und Geschwindigkeitsausführung. Denn Patient*innen leiden ja gerade an einer reduzierten Leistungsfähigkeit bei Bewegungen.
Das Arm-Fähigkeits-Training enthält weiterhin Strukturen, von denen man aufgrund der Wissenschaft zum motorischen Lernen weiß, dass sie dazu führen, dass nicht nur in der Therapiesituation, sondern auch im Alltag eine motorische Leistungsverbesserung erzielt werden kann. U.a. erhält der Patient während des Trainings immer wieder grafische Rückmeldungen über seine Verbesserungen während des Trainings.
Was ist also das neue bzw. besondere beim Arm-Fähigkeits-Training?
Das Arm-Fähigkeits-Training wurde speziell für Patient*innen entwickelt, die eine leicht- bis mittelgradige Armlähmung haben. Zunächst wurde das Problem dieser Patient*innengruppe bei Bewegungen wissenschaftlich untersucht. Das Training wurde so entwickelt, dass es die spezifischen Probleme gezielt behandelt, nämlich die reduzierte Leistung (Effizienz) der Bewegungskontrolle. Ziel des Trainings ist eine (messbar) verbesserte Leistungsfähigkeit der Armmotorik.
Durch das Konzept der Fähigkeiten wird die Armmotorik umfassend trainiert und eine Verbesserung der Alltagskompetenz des Armes auch bei Patient*innen erreicht, die nur noch leichtgradige (Rest-)Defizite haben.
Die Wirksamkeit des Arm-Fähigkeits-Training ist nachgewiesen
Mit einer klinischen Studie (randomisierte kontrollierte Einfachblindstudie), in die 60 Patient*innen eingeschlossen wurden, konnte nachgewiesen werden, dass das Arm-Fähigkeits-Training wirksam ist (Platz et al., 2001). Es wurde gezeigt, dass die Patient*innen, die das Arm-Fähigkeits-Training über drei Wochen erhielten (Mo - Fr jeweils 1 Therapiesitzung), ihre Armfunktion in alltagsrelevanter Weise verbessern konnten. Die Effekte waren auch noch nach 1 Jahr nachweisbar.

In einer weiteren, größeren, einfach blinden multizentrischen randomisierten kontrollierten Studie sollte geprüft werden, ob die individualisierte "beste konventionelle" Therapie oder die schädigungsorientierte Therapie (IOT) in der Armrehabilitation nach Schlaganfall gleichwertig sind bzw. welche therapeutische Vorgehensweise ggf. überlegen ist (Platz et al., 2009). In diese Studie, an der 6 Studienzentren teilnahmen, wurde eine repräsentative Gruppe von Schlaganfallpatient*innen im subakuten Stadium eingeschlossen, die entweder eine leichte oder eine schwere Armlähmung hatten. Die Patient*innen wurden randomisiert in 3 Gruppen aufgeteilt: Eine Gruppe erhielt eine (passive) Luftschienentherapie, eine zweite die "beste konventionelle" Armrehabilitation und die dritte schädigungsorientiertes Training, entweder als Arm-Fähigkeits-Training (leichte Parese) oder Arm-Basis-Training (schwere Parese).
Die motorischen Erholungsraten waren höher nach dem schädigungsorientierten Training (IOT) verglichen mit der "besten konventionellen" individualisierten Therapie. In der Studienpopulation erzielte die schädigungsorientierte Therapie eine Effektgröße von 1,51 nach dem Training.
Verglichen mit der Effektgröße von 1,01 für die beste konventionelle Therapie ergab sich also eine differenzielle Effektgröße für die schädigungsorientierte Vorgehensweise von 0,5, was einen zusätzlichen Effekt von 50 % über der Vergleichsgruppe anzeigt.
Bei den Patient*innen mit leichter Armparese waren die Therapieeffekte mit dem Test TEMPA gemessen worden, der den Zeitbedarf für die Durchführung alltagsähnlicher Aufgaben erfasst. Die Studienpatient*nnen mit leichter Armparese hatten anfänglich im Durchschnitt einen Zeitbedarf für die TEMPA-Aufgaben von 119 Sekunden (die Norm für gesunde Erwachsene würde bei 52 Sekunden liegen). Patient*innen, die die individualisierte "beste konventionelle" Therapie erhielten, erreichten im Schnitt eine Reduktion des Zeitbedarfs um 20,5 Sekunden für die TEMPA-Aufgaben nach 3 Wochen Therapie, während die Patient*innen, die das Arm-Fähigkeits-Training erhielten, eine mittlere Reduktion von 31,1 Sekunden erzielten, somit eine deutliche Verbesserung in Richtung der Norm. Diese Effekte können als substanziell und klinisch relevant erachtet werden.
Schlussbemerkungen
Mit dem Arm-Fähigkeits-Training steht für Patient*innen mit leichtgradiger Armlähmung nach Schädelhirntrauma oder Schlaganfall ein wirksames Armfunktionstraining zur Verfügung.
Durch seine patientennahe Struktur ist es unmittelbar in Klinik und Praxis einsetzbar.
Die sachgerechte Durchführung des Arm-Fähigkeits-Training setzt eine Fortbildung von Therapeut*innen voraus sowie das notwendige Therapiematerial und werden durch das zum Training gehörende PC-Programm unterstützt.
Zitierte Literatur
Platz T, Winter T, Müller N, Pinkowski C, Eickhof C, Mauritz K-H. Arm Ability Training for Stroke and Traumatic Brain Injury Patients with mild arm paresis. A Single-Blind, Randomized, Controlled Trial. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation 82: 961-968, 2001.
Platz T, van Kaick S, Mehrholz J, Leidner O, Eickhof C, Pohl M. Best conventional therapy versus modular Impairment-oriented training (IOT) for arm paresis after stroke: a single blind, multi-centre randomized controlled trial. Neurorehabili-tation and Neural Repair 23:706-16, 2009.